Entwicklung des Judo in der DDR ab 1945



      1945 Mit der Zerschlagung des Faschismus in Deutschland durch die Sowjetarmee und die anderen Kräfte der Antihitlerkoalition im Mai 1945 erhielt das deutsche Volk die historische Chance, eine grundlegende Wende in seiner Geschichte herbeizuführen.  Damit wurde auch erstmalig auf deutschen Boden die Voraussetzung geschaffen, Körperkultur und Sport legal im Sinne des Friedens der Völkerver- ständigung zu entwickeln. Funktionäre aus der ehemaligen Arbeitersportbewegung sowie antifaschistisch gesinnte Sportler halfen als Aktivisten der ersten Stunde mit der Normalisierung des Lebens. Dem Potsdamer Abkommen entsprechend erließ der Alliierte Kontrollrat am 17. Dezember 1945 die Direktive Nr.: 23 über die „Beschränkung und Entmilitarisierung des Sportwesens in Deutschland“. Darin waren das Verbotaller vor der Kapitulation in Deutschland bestehenden sportlichen, militärischen und parlamentarischen athletischen Organisationen und ihre Auflösung bis spätestens 1.Januar 1946 enthalten. Der historische Aufruf des ZK der KPD vom 11. Juni 1945 orientierte das deutsche Volk auf die Schaffung einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung in einer einheitlichen parlamentarisch-demokra-tischen Republik in ganz Deutschland. 17.Dezember 1945: So wurde auch das Ausüben des Judokampfsportes zunächst verboten.

      1946 In antifaschistischen Jugendausschüssen und in der im März 1946 gegründeten FDJ entstanden eigene Sportgruppen, in denen man sich unter schwierigsten materiellen Bedingungen organisiert sportlich betätigte.

      1948 Mit der Gründung des Deutschen Sportausschusses im Oktober 1948 wurden schließlich Bedingungen geschaffen, organisiert und systematisch mit dem Aufbau einer neuen Körperkultur zu beginnen.1949 Ende 1948/Anfang 1949 wurden bereits auf territorialer Ebene kleinere Judoturniere ausgetragen. Im neu gegründeten Sportausschuss kam es zur Bildung einer Abteilung „Schwerathletik“ (später Sektion Schwerathletik), die die Sparten; Ringen, Gewichtheben, Rasen- und Kunstkraftsport und ab 1949 auch Judo organisiert zusammengefasst. Ein bedeutendes historisches Ereignis war die Gründung der DDR am 7. Oktober 1949. Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte entstand ein Staat, der alle Voraussetzungen für den Aufbau einer Sozialistischen Körperkultur schuf und die Entwicklung von Körperkultur, Sport und Touristik verfassungsgemäß garantierte. Der Entwicklung des Judosports standen damit keine Hindernisse mehr im Wege.

      1950 Die neue einheitliche Sportbewegung bot die Voraussetzung, den kommenden Erfordernissen im Sport besser gerecht zu werden. Eine der ersten Aufgaben bestand darin, einen einheitlichen Sportbetrieb zu organisieren und zentrale Meister-schaften durchzuführen. Entsprechend dieser Forderung fanden am 24./25. Juni 1950 die erste DDR-Einzelmeisterschaft im Judo statt. Es kämpfte jeder gegen jeden nach einem 4-Minus-Punkte-System über drei Runden a) drei Minuten mit je einer Minute Pause. Ein Kampf wurde vorzeitig beendet, wenn ein Kämpfer mindestens zwei Punkte Vorsprung erzielte. Bei den nun regelmäßig stattfindenden Meisterschaften wurden die Wett- kampfregeln ständig verbessert und immer mehr dem internationalen Niveau angeglichen. Schon ein Jahr später wurde der erste offizielle Mannschaftskampf gegen eine französische Judostaffel der FSGT durchgeführt, der mit einem 10 : 2 Sieg für die Mannschaft der DDR endete.1951 Am 30. September 1951 fand schließlich die erste DDR-Mannschafts-meisterschaft statt. Eine weitere Aufgabe der neuen Sportbewegung bestand darin, die innere organisatorische Festigung voranzutreiben und die Aufnahme internationaler Sportbezie- hungen vorzutreiben. Die seit 1948 bestehende Abteilung (Sektion) Schwerathletik wurde Mitte 1952 aufgelöst, daraus wurden selbstständige Sektionen der jeweiligen Sportarten gebildet. In den folgenden Jahren kam es zu intensiven Bemühungen um eine Mitgliedschaft der Sektion Judo der DDR in der EJU. Im Juni 1951 hatte der Deutsche Sportausschuss beim damaligen Präsidenten der EJU, A. Torti (Italien), die Mitgliedschaft der DDR beantragt. DDR zunächst provisorisch aufgenommen. Im Dezember 1954 konnte auf dem . Auf der 5. Tagung des ZK der SED am 17. März 1951 wurde der grundlegende Beschluß über „Die Aufgaben auf dem Gebiet der Körperkultur und des Sports“ gefasst. Kerngedanken dieses Beschlusses sind unter anderem, daß Körperkultur und Sport zum festen Bestandteil der gesamten Lebensweise zu entwickeln sind daß die Arbeit in diesem Bereich wissenschaftlich durchdrungen sein muß. Dieser Beschluß war auch für die Weiterentwicklung des Judo in der DDR sehr bedeutsam.

    1952 Auf dem Kongreß der EJU im August 1952 in Zürich wurde die Sektion Judo der EJU-Kongreß in Brüssel die vollständige Mitgliedschaft der Sektion Judo der DDR erreicht werden. Im Februar 1952 nahm der Trainerrat seine Arbeit auf. Die Aus- und Weiterbildung von Trainern und Übungsleitern sowie die inhaltliche Gestaltung der Trainingsarbeit in der Grundausbildung stellten große Anforderungen an die ehrenamtlich tätigen Mitglieder des Rates. Ein Jahr später, im Mai 1954, kam es zur Gründung des Dan-Kollegiums der Sektion Judo der DDR, das noch im gleichen Jahr eine Dan-Prüfung durchführte. Danach gab es unter den Judokas der DDR 10 Dan-Träger.

    1953 Von großer Bedeutung für die Entwicklung des DDR-Judo war die Gründung einer Fachrichtung an der DHFK im September 1953. In Verbindung mit der Ausbildung von Studenten im Judo wurde an der Vervollkommnung der Theorie und Methodik des Trainings gearbeitet. In dieser Zeit entstanden die ersten Lehrbücher von H. Wolf, die u.a. Grundlage für ein einheitliches Ausbildungs- und Graduierungssystem in der DDR waren.

    1957 Im April 1957 wurde der DTSB als eine einheitliche sozialistische Massenorganisation der Sportler der DDR gegründet. Damit wurde ein neuer Abschnitt beim Aufbau einer sozialistischen Körperkultur in der DDR eingeleitet. Der Deutsche-Judo-Verband der DDR (DJV) entstand auf der Grundlage im April 1958. Vier Jahre später wurde ein Generalsekretariat eingerichtet in Berlin in der Storkower Straße.

    1958 Im Mai 1958 nahmen erstmals DDR-Judokas, allerdings ohne Erfolg, an der EM teil. Erfolgreichster Staat hier war Holland und Frankreich. Erfolgreicher war die Teilnahme an den EM der Studenten im September gleichen Jahres. Hier erkämpften zwei DDR-Judokas Silbermedaillen.

    1961 Ein gestiegenes Leistungsniveau zeigten DDR-Judokas bei den EM 1961 in Mailand.Herbert Niemann wurde erster Europameister der DDR, vier weitere Sportler konnten Medaillen erkämpfen.

    1964 Bei den OL Spielen 1964 in Tokio (Japan) sind erstmalig auch Judowettkämpfe ausgetragen worden. Nach Ausscheidungskämpfen mit den Judokas des DJB der BRD konnte sich vom DJV der DDR Herbert Niemann im Schwergewicht für die Zweistaatenmannschaft qualifizieren. Diese erste Teilnahme an OL-Spielen brachte den DJV der DDR keinen Erfolg. Auf der Grundlage umfangreicher gesellschaftlicher Unterstützung des Sports stellte sich der DTSB der DDR hohe Ziele im Leistungssport. Erreichte Positionen galt es zu festigen sowie auszubauen und durch die Entwicklung junger sportlicher Talente ein höheres Niveau anzustreben. Dieses gesamtgesellschaftliche Anliegen gab auch dem DJV der DDR Impulse zur ständigen Leistungsentwicklung.

    1971 Ausdruck und Ergebnis sind zwei Bronzemedaillen zu der WM, errungen 1971 in Ludwigshafen (BRD),

    und eine Bronzemedaille bei den OL-Spielen 1972 in München.

    1972 Dieser Leistungsanstieg konnte mit der Erringung des ersten WM-Titels durch Detlef Ultsch 1979 in Paris abgeschlossen werden.

    1980 Fortsetzend die erste OL-Goldmedaille durch Dietmar Lorenz 1980 in Moskau erkämpft werden.

    1983 Die bisher erfolgreichste WM für die DDR-Judokas waren die WM in Moskau 1983. Zwei Goldmedaillen und zwei dritte Plätze waren das Resultat für den DJV der DDR. Bei der Realisierung der Grundkonzeption zur Entwicklung einer soz. Körperkultur wurde dem Kinder-und Jugendsport große Aufmerksamkeit gewidmet. Judo wurde im Jahre 1970 Bestandteil des Lehrplanes für den Sportunterricht der soz. Schule. Darüber hinaus wurde Judo auch in der außerunterrichtlichen Betätigung der Kinder und Jugendlichen ständig weiterentwickelt. Grundlage dafür waren Trainingsprogramme, die von Funktionären des DJV der DDR ausgearbeitet und ständig vervollkommnet worden sind.

    Rückblick

    Bereits im Juni 1953 wurden die ersten DEM der Jugend in Magdeburg durchgeführt. Von dieser Zeit an wurde das Wettkampfsystem für Kinder und Jugendlichen kontinuierlich weiterentwickelt. Wichtige Impulse für die Trainings- und Wettkampftätigkeit der Kinder und Jugendlichen gingen von der Spartakiadebewegung aus, die auf der Grundlage der Beschlüsse des VI. Parteitages der SED 1963 sowie des daraufhin von der Volkskammer der DDR im Mai 1964 beschlossenen 2. Jugendgesetzes ins Leben gerufen wurde. Die I. Zentrale Kinder- und Jugendspartakiade der DDR fand im Juli 1966 in Berlin statt. In den Sektionen Judo der Sportgemeinschaften entstanden auch Übungsgruppen für Frauen und Mädchen. Obwohl sich viele weibliche Judokas nur zum Zwecke ihrer physischen Vervollkommnung judosportlich betätigten, wurde auch hier das Wettkampfsystem systematisch weiterentwickelt. Seit 1966 werden jährlich DDR-Einzelmeisterschaften der Frauen durchgeführt, und seit 1967 wird das Turnier um den DFD-Pokal ausgetragen. Im Sommer 1968 fanden erstmalig DDR-Bestenermittlung der Mädchen bis 14 Jahre statt. 1969 wurde für sie der Mannschaftswettbewerb um den Pionierpokal eingeführt. Verstärkt wurde auch der Entwicklung und Verbreitung des Judosports an den Universitäten, Hoch- und Fachschulen der DDR Aufmerksamkeit geschenkt. Die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften sowie die Einführung des Judo als Wahl-sportart an den höchsten Bildungseinrichtungen führten zu einem qualitativen Aufschwung des Judosports unter den Studenten. Seit 1970 werden DDR-Meisterschaften der Studenten  als Mannschafts- und als Einzelwett-bewerb ausgetragen. Die erfolgreiche Entwicklung des Judosports in der DDR führte auch zu einer großen Ausstrahlung des DJV der DDR, die vor allem in der Mitarbeit von Funktionären in internationalen Gremien des Judo und in der internationalen Meisterschaftsdurchführung in der DDR deutlich wurde. Im Mai 1959 wurde Horst Wolf in den Vorstand der EJU gewählt. In der Funktion des stellvertretenden technischen Direktors hat er über 20 Jahre zur Entwicklung des europäischen Judosports und zur internationalen Anerkennung des DJV der DDR beigetragen. 1969 wurde Horst Wolf als Vertreter Europas in die Sportkommission der Internationalen Judo-Förderation berufen. Drei Jahre später wurde er Mitglied der IJF-Kampfrichterkommission, um schließlich ab 1974 als stellvertretender Vorsitzender der Kampfrichterkommission der IJF die Arbeit aufzunehmen. In diesen Gremien war er bis 1982 tätig. 1964 wurde die Europameisterschaft im Judo erstmalig an die DDR (Berlin) vergeben. Weitere EM im Judo wurden 1970 (Berlin) Senioren, 1977 (Berlin) Jugend und Junioren und 1982 (Rostock) Senioren durchgeführt.

    Entwicklung des Judo in der DDR
    Entwicklung des Judosports seit 1946 bis Ende der DDR 1990
    Ende der Entwicklung des Judo in der DDR, siehe Abschnitt Kaüitel 6,2
    Geschrieben aus Unterlagen Gruschinski 6. DAN