Entwicklung der Kampfregeln für Judo in der DDR ,von „Helmut Bark“ -Hefte der Schwerathletik 1959 |
Mit dieser Arbeit will ich den Versuch unternehmen, einmal die Entwicklung der Judokampfregeln in Deutschland und insbesondere in der DDR aufzuzeichnen. |
Hierzu habe ich folgende Regeln herangezogen: |
1. Die in Japan 1923 geltenden Jiu-Jitsu-Regeln (aus „Kano Jiu-Jitsu – Hancok-Higashi). |
2. Auszug aus den sportlichen Regeln des Reichsverbandes für Jiu-Jitsu e.V., veröffentlicht am 1. Febrauar 1933 (aus „Deutscher Kampfsport ohne Waffen“ (Martin Pampel). |
3. Kampfregeln der Europa-Union für Judo (Jiu-Jitsu) 1935 aus „Deutscher Kampfsport ohne Waffen“ (Martin Pampel). |
4. 1948 aufgestellte Gesamtberliner Kampfregeln. |
5. 1950 vom Deutschen Sportausschuss herausgegebene Regeln. |
6. 1.Ausgabe der Wettkampfbestimmungen der Sektion Judo der DDR (1951) |
7. Wettkampfbestimmungen des DAB „Deutscher-Athleten-Bund (1951). |
8. Die ersten gedruckten Wettkampfbestimmungen der Sektion Judo der DDR (1954). |
9. Wettkampfregeln des Kodokan-Judo (Übersetzung vom 2. Oktober 1952) |
10.1957 herausgegebene 2. gedruckte Wettkampfordnung der Sektion Judo der DDR. |
Es hat in der Zeit bis 1948 noch mehrere Regeln in Deutschland gegeben, die ich nicht mit herangezogen habe. Ich hielt das nicht für unbedingt notwendig, da ich mich, wie bereits erwähnt, besonders mit der Entwicklung der Kampfregeln in der DDR nach 1948 befassen will. Aus den Regeln ist zu erkennen, daß die jeweils vorherrschende Technik oder Ansicht – z.B. ob Judo oder |
Jiu-Jitsu gestalteten. So sind ja die ersten Regeln ausgesprochene Jiu-Jitsu-Regeln gewesen. Die Judorichtung bekam bekanntlich erst nach der ersten Sommerschule in Frankfurt/Main (1932) die Oberhand in Deutschland. Die ersten EM in Dresden liefen noch unter den Namen „Jiu-Jitsu“. Erst 1935 kommt es zu den ersten Deutschen Judo-Meisterschaften. Die zuerst von mir angeführte Kano-Regel erscheint mir besonders intressant. Wenn sie auch nur kurz gefaßt ist, so basiert sie doch auf den Prinzipien des Judos. |
Ich werde sie deshalb abschriftlich bringen, um damit zu zeigen, welchen Irrweg das Jiu-Jitsu uns für Jahre in Deutschland brachte. |
Aus „Kano – Jiu-Jitsu“ (etwa 1923) |
Die in Japan geletenden Regeln für Jiu-Jitsu-Kämpfer |
1. Jeder Kämpfer soll Rock und Gürtel tragen. |
2.Ein Kämpfer soll als besiegt gelten, wenn seine beiden Schultern und Hüften den Boden berührt haben,vorausgesetzt, daß besagter Kämpfer von dem Gegner geworfen und dadurch in jene Lage gebracht worden ist (siehe jedoch Regel 8). |
3.Ein Kämpfer soll als besiegt gelten, wenn er sich in der besagten Lage auf dem Boden befindet und sich nicht innerhalb von 2 Sekunden aus den Armen des Gegners frei machen kann. |
4.Ein Kämpfer soll als besiegt gelten, wenn er aus irgendeiner Ursache bewußtlos geworden ist. Aber es ist nicht gestattet, gefährliche Tricks anzuwenden, wenn Freunde miteinander ringen. Solche Tricks, wie Stoßen und Brechen der Beine oder des Halses, sind verboten. |
5. Ein Kämpfer soll als besiegt gelten, wenn er vom Gegner durch Anwendung irgendeines Griffes oder Tricks zur Unterwerfung gebracht worden ist. |
6. Wenn sich ein besiegter Gegner gezwungen sieht, seine Unterwerfung anzuerkennen, so muß er mit der Hand oder dem Fuß auf den Boden oder Körper des Gegners oder sonstwohin klopfen. Dieses Klopfen mit dem Fuß oder der Hand soll als Zeichen der Ergebung dienen. |
7. Wenn ein besiegter Gegner zum Zeichen der Unterwerfung auf dem Boden oder sonstwohin klopft, so muß der Sieger sofort seinen Griff lösen. |
8. Wenn ein Kämpfer seine Schultern und Hüften den Boden hat berühren lassen, aber dies nur in der Absicht getan hat, dadurch seinen Gegner zu werfen, so soll der Kämpfer welcher seine Schultern und Hüften den Boden hat berühren lassen, nicht als besiegt gelten. |
9. Beim Ringen auf einer Matte oder Matratze ist es für den Kämpfer, welcher sich zu verteidigen hat, gestattet, hinzufallen, wie es ihm gut dünkt; aber für gewöhnlich ist es zum Zweck der Verteidigung besser, auf dem Rücken zu liegen. |
10. Wenn ein zum Zweck der Verteidigung auf den Rücken liegender Kämpfer von seinen Gegner in die Höhe gebracht und wieder nach unten befördert wird, so daß er noch einmal mit Schultern und Hüften den Boden berührt, so soll der Kämpfer, welcher in die Höhe gebracht und wieder nach unten befördert worden ist, als besiegt gelten, sonst aber nicht. |
Zusatz: Steht ein Nicht-Jiu-Jitsuer im Kampf gegen einen Jiu-Jitsuer, so muß der erstere außer den vorstehenden Regeln auch noch mit dem folgenden bekannt gemacht werden: |
a) Es gilt als ausgemacht, das der Jiu-Jitsuer, mag er mit einem Boxer oder Ringer kämpfen, zu seiner Verteidigung jedweden der Jiu-Jitsu-Kunst angehörigen Tricks anwenden darf. |
b) Es gilt ferner als ausgemacht, daß der Jiu-Jitsuka keine Verantwortlichkeit für irgendein Geschehnis, das beim Kampfe herbeigeführt wird, trägt und daß der Jiu-Jitsuer frei und straflos für irgendeinen solchen beim Kampfe erlittenen Schaden oder der gleichen Verletzungen sein soll. |
c) Zwei sachverständige Zeugen von jeder Seite oder zusammen vier sollen zusehen, daß diese vereinbarten Bestimmungen richtig aufgesetzt, unterzeichnet und durch Zeugenunterschriften rechtskräftig gemacht werden, auf daß keiner von beiden Kämpfern oder von sonstigen am Kampfe Beteiligten auf Grund einer Verletzung beim Kampfe oder einem dabei aufgetretenen Todesfall einen Rechtsgrund zur Klage habe“. Oft wurde ich gefragt, ob es wahr sei, daß ein Judokämpfer bei Freundschaftskämpfen oder auch im Ernstfall darauf aufmerksam machen müsse, daß er die „sanfte Kunst“ beherrsche. Ich glaube, diese Frage dürfe ursächlich mit dem Vorhandensein jenes Zusatzes in Zusammenhang zu bringen sein. Ich will nun nicht etwa sämtliche Kampfregeln abschriftlich bringen, sondern zeige zur besseren Übersicht in einem Schema die markantesten Punkte auf, wie u. a. die Gewichtsklasseneinteilung, Zusammensetzung des Kampfgerichts, Turnierpaarungen, Kampfzeit und Runden, Plazierungsrichtlinien, Stichtag Jugend/Männer usw., war. Die einzelnen Rubriken (in der Tabelle Schwerathletik 1959 10 Juli Heft 13 |
Seite 8) bitte ich von oben nach unten zu lesen. Nachstehende Punkte von 1-43 sind Erläuterungen für die Rubriken, die durch fettgedruckte und eingeklammerte Zahlen (1-43) gekennzeichnet sind |
Zu 1: Bei Turnieren erfolgte die Paarbildung durch das Los (Reichsverband Jiu-Jitsu 1933) War die Zahl der Teilnehmer eine ungerade, so war die höchste Ziffer ein Freilos. In der ersten Runde wurde gepaart: 1 – 2, 3 – 4 usw. In der 2. Runde: der Sieger des 1. Paares mit dem Besiegten des 2. Paares. War ein Freilos vorhanden, so kämpfte der Freilosinhaber mit demBesiegten des 1. Paares, so daß in diesem Falle in der 2. Runde der Sieger des letzten Paares kampffrei blieb. Nach der 2. Runde setzte die Kampfleitung die weiteren Paarungen nach freienErmessen fest, und zwar unter dem Gesichtspunkt, so bald wie möglich eine Klärung herbeizuführen. Eine ähnliche Art der Paarung konnte ich im vorigen Jahr anläßlich eines Freundschafts- turniers Beim FSGT in Paris kennenlernen. Es war ein Turnier ohne Gewichtsklassen und nach dem K.O. – System. Nur die Paarungen der 1. Runde wurden nach dem Los vorgenommen. Ab der zweiten Runde loste ich als Kampfrichter für jede Runde die Paarungen neu. |
Zu 2: Die Gewichtsklasseneinteilung war (Reichsverband Jiu-Jitsu) |
Fliegengewicht | 100 | Pfund | |
Federgewicht | 110 | Pfund | |
Leichtgewicht | 122 | Pfund | |
Leichtes Mittelgewicht | 135 | Pfund | |
Schweres Mittelgewicht | 150 | Pfund | |
Halbschwergewicht | 170 | Pfund | |
Schwergewicht | über170 | Pfund |
Zu 3: Im Paragraph 28 heißt es: Sinn und Zweck eines Jiu-Jitsu-Kampfes ist es den Gegner durch Ansetzen eines Jiu-Jitsu-Griffes zur Aufgabe zu zwingen. (Sieg durch Überlegenheit) |
Diese Griffe werden in Hebel, Scheren und Würgegriffe eingeteilt. |
Griffzeit: Jeder Würgegriff darf nur 10 Sekunden, jeder Hebel und jede Schere nur 20 Sekunden angesetzt werden. |
Als besiegt gilt der Kämpfer, der seine Niederlage durch „Halt“-Ruf oder durch Anklopfen Bekanntgibt oder Besinnungslos oder Kampfunfähig wird. Geht ein Kampf über die volle Rundenzahl, ohne daß eine Entscheidung gefallen ist, so wird der Sieger mittels Punktwertung ermittelt. |
Punktwertung: |
a) mit einem Punkt werden bewertet: jeder gut ausgeführte Griff im Stand, der zum Kampf in die Bodenlage führt und den Angreifer in die bessere Stellung bringt. |
Der Kopfwurf aus der Bodenlage, wenn er die Überrollung beider Gegner und den Reitsitz des Ausführenden zur Folge hat. Sämtliche Scheren. |
b) Mit 2 Punkten werden bewertet: |
der Kopfwurf aus dem Stand, wenn er die Überrollung beider Gegner und den Reitsitz des Ausführenden zur Folge hat; jeder Fuß-, Hand-, Arm und Genickhebel. Jeder Griff ist erst dann zu werten, wenn er 3 Sekunden angesetzt ist. |
Zu 4: (Rundenzahl und Kampfzeit in Minuten, Europäische Union Judo 1935) Als Kampfdauer gelten 3 Runden a) 3 Minuten mit je 1 Minute Zwischenpause. Ein Kampfwar in kürzester Zeit beendet, wenn ein Kämpfer durch „Halt“ – Zeichen den Kampf aufgab. Endete ein Endkampf nach 9 Minuten unendschieden, so kam eine Zusatzrunde von 5 Minuten hinzu. Erfolgte auch hier keine Wertung, so galten beide Kämpfer als 2. Sieger. |
Punktwertung: |
Wenn ein Kampf nicht durch Kampfaufgabe entschieden wurde, so galt folgende Punktwertung: |
a) jeder gelungene Wurf aus dem Stand, durch welchen der Gegner auf den Rücken oder auf die Seite geworfen wurde; |
b) im Bodenkampf jeder gelungene Festhaltegriff über 30 Sekunden. Für die Punktwertung galten noch folgende Bestimmungen: In jeder Runde dürfen nur für beide Kämpfer insgesamt 3 Punkte vergeben werden. Waren diese erreicht, so war die Runde eher beendet. Wie aus dem vorher geschriebenen deutlich zu ersehen ist, wurde diese Kampfregeln der Europa-Union für Judo noch stark vom Jiu-Jitsu beeinflußt (Kampfaufgabe geht vor Punktwertung), aber an der Punktwertung erkennt man schon die Judoregeln. |
Zu 5: (Graduierungsrichtlinie bzw. Forderungen) |
Was ich über die Graduierung während dieser Zeit in mündlichen Aussprachen ermitteln konnte, ist intressant, wenn es auch nicht immer zutreffen mag. Danach sollten die Sieger der Erstlingsturniere Gelbgurte, der Sieger der Anfängerturniere Orangenegürtel und die Sieger der Fortgeschrittenenturniere Grüngurte verliehen bekommen habenWurde ein Kämpfer Gau-Meister (Bezirksmeister) oder belegte er bei Deutschen Meisterschaften einen 3. Platz, so wurde er mit dem Blaugurt ausgezeichnet. Der 2. Platz bei DM wurde mit demBraungurt belohnt. Der Deutsche Meister wurde Schwarzgurtträger. Diese Graduierungen wurden also ehrenhalber verliehen. Graduierungsprüfungen wurden nur von Japanern und hauptsächlich an den Sommerschulen in Frankfurt/Main vorgenommen. |
Zu 6: (Allgemeines) |
Natürlich haben sich die Kampfregeln bis zum Kriegsende noch verändert. Kämpften erst Männer und Jugend gemeinsam, so wurden sie um 1941 (?) bei den DM getrennt. Eine Kampf-aufgabe beim Würgen z.B. galt nicht mehr als K.O.-Sieg, sondern wurde nur mit einem Punkt bewertet. |
Es blieb nicht bei der 5-Punkte Vorsprungswertung usw. Ich möchte diesen Zeitabschnitt jetzt beenden um zu meinen eigentlichen Thema, der Entwikklung der Wettkampfregeln im Judo nach 1945, zu kommen. |
Nach Kriegsende war es bis 1949 verboten, den Judosport in Deutschland auszuüben. Die zugelassenen Sportarten wurden auf kommunaler Ebene betrieben. Judointressenten fanden sich zusammen und trainierten Judo unter den Namen Zweckgymnastik, Sambo usw. In unserem Teil der deutschen Heimat waren einige ältere erfahrene Judokas, die in Dresden, Leipzig und Berlin die Basis der Judobewegung bildeten. Sie waren bestrebt, ihre Erfahrungen den jungen Sportlern zu übermitteln. Es blieb nicht allein beim Training. Zuerst fanden Kämpfe in den Orten zwischen den verschiedenen Gemeinschaften statt. Die Bedingungen, nach denen gewertet werden sollte, mußten erst ausgemacht werden. Man erkannte sehr schnell, daß eine Kampfregel erforderlich wurde. Aus der Erinnerung und aus noch vorhandenen alten Regeln wurden die ersten Regeln zu grunde gelegt. Die in Berlin 1948 herausgegebenen Regeln waren ganze vier Schreibmaschi-nenseiten stark. |
Zu 7: Waren in der Regel nicht aufgeführt, es wurde jedoch nach Abmachung, wie erwähnt, gekämpft. 5-kg Staffelung |
Zu 8: Der technisch bessere oder offensivere Kämpfer konnte von den Außenrichtern auf den Punktzetteln als Sieger vermerkt werden (Techn. Punkt). Da das Kampfgericht aus drei stimmberechtigten Richtern bestand, entschied die einfache Stimmenmehrheit, wie es in den Regeln heißt. |
Nach der offiziellen Wiederzulassung 1949 wurden einheitliche Kampfregeln notwendig. Die erfahrensten Judoka trafen sich im Februar 1950 in Leipzig und stellten die ersten einheitlichen Wettkampfbestimmungen des Deutschen Sportausschusses für Judo zusammen. Bei den ersten 1950 in Dresden durchgeführten DDR-Meisterschaften wurden diese Kampfregeln angewandt. Ihr Umfang betrug immerhin schon neun Schreibmaschinenseiten. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass es einfacher war, eine Wettkampfordnung zu schaffen, als die notwendigen Kampfrichter heranzubilden. So mussten zu den ersten zentralen Meisterschaften noch Sportfreunde aus Westberlin mit herangezogen werden. |
Zu 9: Männer- und Altersklassen: |
Federgewicht | 56 kg | |
Leichtgewicht | 62,5 kg | |
Weltergewicht | 67,5 kg | |
Mittelgewicht | 72,5 kg | |
Halbschwergewicht | 80,0 kg | |
Schwergewicht | über 80,0 kg |
Schüler und Jugendliche 5,0 kg - Staffelung. Neu hereingenommen wurde das Weltergewicht. Später führte auch Westdeutschland diese Gewichtsklasse ein. |
Zu 10: Nur der akute Mangel an Kampfrichtern, kann eigentlich zum nachstehend aufgeführten Artikel 27 der Wettkampfbestimmungen geführt haben. Kampfrichter kann nur ein anerkannter Judo-Sportler sein. DDR-Judo-Kampfrichter haben folgende Einteilung: |
1) A-Kampfrichter: |
A-Kampfrichter haben alleinige Kampfentscheidung auf der Matte. Bei Einzelmeisterschaften oder Mannschaftsmeisterschaften können dem A-Kampfrichter zwei Außenrichter beigegeben werden, welche aber ebenfalls A-Kampfrichter sein müssen. |
2) B-Kampfrichter: |
Der B-Kampfrichter schiedst unter Aufsicht eines A-Kampfrichters oder zweier B-Kampfrichter, welche als Außenrichter amtieren, die Entscheidung erfolgt gemeinsam.“ |
Zu 11: Zusammenstellung bei Turnieren erfolgte nach dem Wiegen durch Auslosen, Teilnehmer aus gleichen Sportgemeinschaften, Kreisen, Bezirken und Ländern waren solange wie möglich auseinander zu halten. |
Zu 12: Unter anderem heiß es bei Wertung der Kämpfe: |
b) bei Nullpunkten oder Punktgleichheit durch den Kampfstil (Arbeitssieg). Bei Punktgleichheit und gleichwertiger Kampfesweise ist der Kampf unentschieden.“ |
Zu 13: Nicht verboten waren: Bein- und Genickhebel. |
Mit der Gründung der Sektion Judo 1951 wurden die Wettkampfbestimmungen überarbeitet. Sie wurden noch ein wenig umfangreicher, und zwar 11 Schreibmaschinenseiten. Es hatte sich herausgestellt, dass viele Punkte der Wettkampfbestimmungen noch klarer und gründlicher festgelegt werden mussten. Zum Beispiel: Sollte ein Wurf mit einem Punkt bewertet werden, musste er folgende Bedingungen erfüllt haben: |
a) Er muss mit Absicht ausgeführt sein; |
b) er muss mit Schwung erfolgen – in anderen Wettkampf-Ordnungen heißt es sogar mit genügend bzw. gewissen Schwung; |
c) der Gegner muss auf den Rücken oder auf die Seite fallen. |
Die Formulierung unter c) war in der Praxis nicht ausreichend. Einige Proteste gaben den Anlass zu folgender Erweiterung: Beim Fall auf die Seite darf der Winkel des Rückens zur Matte 90 Grad nicht übersteigen. Fällt der Gegner in die Rückenlage, so gilt dies als Wurf auf den Rücken. Diese und ähnliche Erweiterungen hätte man sich ersparen können, wenn man damals schon die Möglichkeit einer intensiven Kampfrichterschulung gehabt hätte. Dann wären die Probleme nur eine Frage der Auslegung gewesen, die weiter zu vermitteln gewesen wäre. |
Zu 14: Kampfklasse wie unter (9). Die Gewichtsklassen für Jugendliche sind jetzt genau umrissen: 45 kg – 50 kg – 55 kg – 60 kg – 65 kg – 70 kg und über 70 kg. Von Schülern ist jetzt keine Rede mehr. |
Zu 15: Das Kampfgericht bestand aus dem Kampfrichter, dem zwei Außenrichter beigegeben werden können (die BSG, die Außenrichter beantragt, muss diese auch bezahlen. Deshalb wurden auch kaum welche eingesetzt.), 1 Listenführer, 2 Zeitnehmer und 1 Punktzettelschreiber. |
Zu 16: Die Turnierpaarung wird einfacher als unter 11 geschildert. Das Auseinanderhalten erfolgt jetzt, wenn möglich, nur zwei Runden. |
Zu 17: Wurde geändert in: |
a) Ein Judokampf geht über 3 Runden a 3 Minuten mit je 1 Minute Pause zwischen den Runden; |
b) bei Erstlingen und Anfängerturnieren (Männer und Jugend) werden 2 Runden a 3 Minuten gekämpft. |
Zu 18: Durch Führungspunkt konnte ein Kampf als Sieg gewertet werden. Jedoch waren dann für einen Kämpfer zwei Hilfspunkte mehr notwendig. Ich möchte die hierfür in Frage kommenden Abschnitte abschriftlich bringen, weil sie zum Teil falsch ausgelegt worden sind, wenn man als Grundsatz für die Erteilung eines Hilfspunktes folgendes gelten lässt: Ein Kämpfer muss seinen Gegner in die ernste Gefahr gebracht haben, einen Wertungspunkt zu verlieren: „Die Außenrichter verzeichnen die Würfe bzw. Griffe der Kämpfer, die von dem Kampfrichter nicht als Wertungspunkte angesagt wurden, als Hilfspunkte. Eine laut angesagte Ermahnung gilt als Hilfspunkt. Bei Punktgleichheit beider Kämpfer nach Ablauf des gesamten Kampfes werden die aufgezeichneten Hilfspunkte beider Außenrichter durch den Kampfrichter zusammengezählt. Falls für einen der Kämpfer zwei Hilfspunkte mehr verzeichnet worden sind, so wird diesem der Sieg durch Führungspunkt zugesprochen. Hat keiner der Kämpfer zwei Hilfspunkte mehr, so ist der Kampf unentschieden zu werten. |
Ein Hilfspunkt für einen Führungspunkt wird gegeben für: |
a) jeden gut angesetzten und durchgeführten Wurf, der nicht zu einem Punkterfolg geführt hat; |
b) jeden gut angesetzten H e b e l, W ü r g e g r i f f oder Festhaltegriff, aus denen sich der Gegner befreien konnte; |
c) den o f f e n e n besseren Judostil eines der beiden Kämpfer; |
d) jede Ermahnung, die dem Gegner eines Kämpfers erteilt wird;“ |
Waren keine Außenrichter eingesetzt, so entschied der Kampfrichter bei Punktgleichheit, ob einem Kämpfer ein Führungspunkt zuerkannt wurde. Er musste jedoch nach einer Runde die Hilfspunkte dem Kampfgericht angeben. Heute wissen wir, dass es für Hebel, Würgegriffe und Festhaltegriffe unter 20 Sekunden keine Wertungen (damals Hilfspunkte) gibt. Deshalb kam es ja auch dazu, dass man für das Herauskommen aus Festhaltegriffen Hilfspunkte gab. |
Zu 19: 1953 kommen die ersten Richtlinien für Gürtelprüfungen heraus. Diese bauten sich auf die 15 „Grundwürfe“ auf. Dazu kamen noch 9 „Grundgriffe“. Je nach Kyu-Grad wurden unterschiedliche Ausführungsformen verlangt (fließende Form, aus der Bewegung, rechts und links, mit verschiedenen Partnern usw. Kampferfolge wurden ebenfalls bewertet) |
Zu den 15 Grundwürfen zählten folgende: |
1. Ristwurf | 2. Stoppwurf | |
3. Hakelwurf von außen | 4. Oberschenkelwurf gewinkelt | |
5. Spreizwurf | 6. Handwurf | |
7. Beinhubwurf | 8. Hüftwurf | |
9. Hüftwurf mit einem gestreckten Arm | 10.Hüftwurf mit Beinfegen | |
11.Schulterwurf | 12.Konterwurf gegen Hüftwurf | |
13. Konterwurf gegen Ristwurf (langer Oberschenkelwurf) | 14.doppelter Beinhubwurf (aus der Rückenlage | |
15. Beinkippwurf seitlich (aus der Rückenlage |
Zu den 9 Grundwürfen zählten: |
1. Seitlicher Festhaltegriff | 2. Bankhaltegriff | |
3. Rückwärtiger Haltegriff | 4. Unterarmwürge | |
5. Kreuzwürge | 6. Oberarmwürge (von rückwärts) | |
7. langer Armstreckhebel | 8. Armschlüssel | |
9. Beinarmhebel aus dem seitlichen Festhaltegriff |
Wollte man den Judosport wettkampfmäßig ausüben, musste man einem dem 5. Kyu entsprechenden Leistungsstand erreicht haben. Der jeweilige Trainer einer Judo-Sektion war dafür verantwortlich. Wenn man diese Bedingungen mit den heutigen vergleicht, weiß man erst so recht, wie bescheiden wir einmal waren und was doch in technischer Beziehungen der größte Teil unserer Judokas heute leistet. |
Zu 20: Ein Wurf am Mattenrand wurde nur gewertet, wenn die Hälfte des Oberkörpers die Matte berührt hatte. |
Zu 21: Wie unter 14), nur kommen bei der Jugend noch die Klassen bi s 40 kg, bis 75 kg, bis 80 kg und über 80 kg hinzu. |
Zu 22: Bei Null-Punkten oder Punktgleichheit durch den Stil und die Kampfart der Kämpfer. Bei Punktgleichheit und gleichwertiger Kampfesweise beider Gegner ist der Kampf unentschieden zu bewerten Anlässlich der gesamtdeutschen Einzelmeisterschaften in Bremerhaven 1953 lernten unsere Aktiven zum ersten Mal kennen, was es heißt, anstatt 3x3 Minuten, 1 x 5 Minuten zu kämpfen, wie es ja schon längst international üblich war. Es rächte sich jedenfalls bitter, dass wir nicht schon längst die Kampfzeit auf 5 Minuten geändert hatten. Die Formel, wonach der Judoka, der 3x3 Minuten durchsteht, mit 5 Minuten keine Schwierigkeiten haben könnte, sollte zum Verhängnis werden. Man hatte wohl an die Kondition gedacht, aber nicht an die Taktik. Bei der 3rundigen Kampfzeit diente die 1. Runde meistens zum Warmmachen und Abtasten. In der Pause konnte man sich dann außerdem noch seinen „Marschplan“ vom Sekundanten sagen lassen. Wie aber bei 1x 5 Minuten? Hier war der Judoka allein auf sich angewiesen. Er musste von der 1. Sekunde an auf Sieg kämpfen. |
Mit einer weiteren neuen Regelung hatten unsere Aktiven in Bremerhaven Schwierigkeiten, und zwar mit dem Verbot des Gürtelfassens über drei Sekunden bzw. drei Schritte hinaus. Wie gesagt, diese Neuregelungen (diese hatten zuerst nur für die gemeinsame Meisterschaft Gültigkeit) brachten uns große Schwierigkeiten, aber auch die Erkenntnis, schnellstens für Abhilfe zu sorgen. Man war sich darüber im klaren, dass diese neuen Regelungen dazu beitragen würden, die Kämpfe farbiger zu gestalten, aber auch eine generelle Umstellung der Kämpfer bedingten. Doch was hatten allein Hinweise für Kämpfer und Trainer bewirkt? Eine baldige Umstellung der Kampfregeln versprach am ehesten Erfolg zu haben. Nicht zuletzt aus dieser Erkenntnis heraus kam die nächste Regel, die erste gedruckte Wettkampfordnung unserer Sektion Judo, 1954 heraus. |
Zu 23: a) Kampf- und Altersklasse: 1. Runde a 5 Minuten Jugend: 1. Runde a 4 Minuten b) Erstlings- und Anfängerturniere: 1. Runde a 4 Minuten |
Zu 24: Der Kampf ist in kürzester Zeit entschieden, wenn ein Kämpfer den zweiten Punkt erreicht hat (2:0 oder 2:1). |
Zu 25: W. u. 14, dort wurde später das Federgewicht auf 57,5 kg erhöht. Diese Gewichtsklasseneinteilung hatte lange bestand. |
Zu 26: Es blieb bei Führungspunkten, doch wurde die Formulierung wie folgt geändert: |
Als Grundsatz für die Erteilung eines Führungspunktes gilt: |
a) dass ein Kämpfer seinen Gegner in die ernste Gefahr gebracht hat, einen Wertungspunkt zu verlieren (Wurf und Griff bei einem Festhaltegriff mindestens 20 Sekunden) |
b) jede Ermahnung, die dem Gegner des Kämpfers erteilt wird. Zwei Führungspunkte ergeben einen Wertungspunkt, wenn bis zum Ablauf der Kampfzeit kein Wertungspunkt an einen der Kämpfer vergeben werden konnte oder jeder Kämpfer einen Wertungspunkt erhalten hatte. |
Zu 27: Eine Mindestgraduierung, um startberechtigt zu sein, wird nicht gefordert. 1954 beschloss der Trainerrat der Sektion Judo auf Vorschlag der Fachrichtung Judo der DHFK, die Gürtelprüfungen in der Wurftechnik auf der Grundlage des GOKYO-NO-KAISETZU durchzuführen, um somit schultechnisch eine internationale Angleichung zu erreichen |
Zu 28: Neu hinzukommen die Jugendbestimmungen: |
Sie sind für alle Jugendlichen und für die Jugendwettkämpfe Verantwortlichen bindend. Sie dienen der Grunderhaltung und Erziehung unseres Nachwuchses. |
Ferner wurde 1954 das Startbuch eingeführt. Halbjährlich bzw. nach 20 Kämpfen muss jeder Judoka zur ärztlichen Untersuchung. Diese ist im Startbuch einzutragen. Bewusst habe ich dann erst die Kodokan-Regeln (Übersetzung aus dem Jahre 1952) gebracht. International gelten diese noch lange, lediglich sind im Artikel 35 noch die Zusätze c) und d) hinzugekommen. |
Der Artikel 35 behandelt die Feststellung des Kampfergebnisses, wenn bei Verletzung nicht weitergeführt werden kann: |
a) Wenn die Ursache der Verletzung eines Kämpfers durch seine Nachlässigkeit hervorgerufen wurde, soll der Verletzte der Sieger sein; |
b) wenn die Ursache der Verletzung eines Wettkämpfers in der Nachlässigkeit seines Gegners begründet liegt, soll der Gegner der Verlierer sein. |
Die jetzt neu hinzukommenden Absätze: |
c) Wenn beide Gegner keine Schuld haben, dann ist das Ergebnis unentschieden; |
d) fällt ein Kämpfer während des Kampfes durch Krankheit aus, so ist der Kranke der Verlierer. |
Zu 29: Wenn in den KODOKAN-Regeln auch keine Gewichtsklassen angegeben sind, so ist es doch bemerkenswert, dass in Europa schon wieder in einigen Ländern Gewichtsklassen eingeführt sind bzw. zum Teil immer noch bestehen. Zwar handelt es sich hierbei nicht um die bei uns und in Westdeutschland bekannten sechs Gewichtsklassen, sondern um die drei sogenannten internationalen Gewichtsklassen: Leichtgewicht (bis 68 kg), Mittelgewicht (bis 80 kg) und Schwergewicht (über 80 kg). Bekanntlich werden ja seit 1954 auch Europameisterschaften in diesen Gewichtsklassen ausgetragen. |
Zu 30: Sollten Kampfrichter und Außenrichter zu keiner Einigung kommen, entscheidet die Kampfrichter-Jury, die aus allen amtierenden Kampfrichtern gebildet wird. |
Zu 31: Bei Einzelmeisterschaften und Einzelkämpfen muss auf jeden Fall ein Sieger ermittelt werden (da KO-System). Wer eine Niederlage erleidet, scheidet aus. Bei Mannschaftskämpfen gibt es in den Einzelkämpfen auch Unentschieden. Endet ein Einzelkampf unentschieden, erhält keine Mannschaft Punkte gut geschrieben. Nur für die Sieger erhält die Mannschaft je einen Punkt. Somit ist es möglich, obwohl die Mannschaft aus fünf Kämpfern besteht, dass ein solcher Vergleichskampf mit 1:0 endet. Ist das Ergebnis des Mannschaftskampfes unentschieden, so wird folgende Bewertung zur Ermittlung der siegreichen Mannschaft herangezogen: |
Für jeden 1:0 –Einzelsieg gibt es 10,0 Punkte Für jeden ½:0 –Einzelsieg gibt es 7,5 Punkte Für jeden Sie durch Überlegenheit 5,0 Punkte |
Zu 32: Neu ist die Beurteilung „Waza-ari“ = ½ Punkt. „Waza-ari“ wird dann gegeben, wenn ein Judoka einen Gegner in einer guten Form geworfen hat, die nahezu einen ganzen Punkt verdient: oder in der Bodentechnik, wenn ein Judoka seinen Gegner mehr als 25 Sekunden erfolgreich gehalten hat. Zwei ½ Punkte ergeben einen ganzen Punkt (Waza-ari Awasete Ippon). Ist ein Punkt erreicht, wird der Kampf vor der Zeit beendet. |
Zu 33: Ein „Sieg durch Überlegenheit“ (Yusei gachi) wird nach denselben Richtlinien vergeben, wie sie neuerdings auch bei uns eingeführt worden sind und unter 41 beschrieben werden |
Zu 34: Es werden u. a. Europameisterschaften im 1. Dan, 2. Dan, 3. Dan 4. Dan und alle Kategorien ausgetragen. |
Zu 35: Es wird nicht festgelegt, was als halber Körper rechnet. Es muss also nicht unbedingt der Kopf mit auf die Matte gelangen. |
Zu 36: Die Regeln gestatten auch die Begrüßung in der knienden Haltung. Die letzte angeführte .Wettkampfordnung, die auch jetzt noch in Kraft ist, entspricht bis auf wenige Abweichungen den Kodokan-Regeln. Es hat einer gewissen Zeit bedurft, bis die Angleichung vorgenommen wurde. Erst war es die mangelnde Verbindung zum internationalen Judo, später musste erst eine Umstellung der Kämpfer und der Trainer stattfinden. Heute, da es gilt, das internationale Niveau in Europa zu erreichen, muss alles getan werden, um schon in den Gemeinschaften, Kreisen und Bezirken dieselben Bedingungen zu schaffen, wie sie international üblich sind. Es wird heute wohl keinen Judoka mehr geben, der wieder ein Fünf-Punkte- oder Drei-Runden-System für richtig hält. Das sind auch die Erwägungen, die die Kampfrichterkommission und den Trainerrat des Deutschen Judoverbandes dazu bewogen, eine noch genauere Bewertung der Kämpfe vorzunehmen. Doch dazu später. |
Zu 37: Dem Aufschwung und der Wichtigkeit des Schülersports Rechnung tragend, findet man erstmals eine Unterteilung der in A (10 bis 12 Jahre) und B (12-14 Jahre). Schüler A- und B- Gewichtsklassen mit je 2 1/2 kg –Steigerung. Die Gewichtsklassen für Jugendliche und Kampfklassen bleiben unverändert. |
Zu 38: Nach dem Losen erfolgten die Paarungen so, dass von Losnummer 1 angefangen jeder Kämpfer mit der nächsten Losnummer kämpfen muss (ohne Rücksicht auf Gemeinschaftszugehörigkeit usw.). Lediglich bei Kämpfen „Jeder gegen Jeden“ (Endkämpfe der Deutschen Einzelmeisterschaft) wurden die Gemeinschaftskameraden zuerst gepaart. |
Zu 39: Um keine Überbeanspruchung der Schüler und Jugendlichen zu haben, gelten für sie folgende Kampfzeiten: Schüler A: 2 x 1,5 Min., mit 2 Min. Pause Schüler B: 2 x 2 Min. mit 2 Min. Pause Jugendklasse: 4 Minuten |
Zu 40: Stichtag für Schüler ist der Geburtstag. Bis 1958 war auch für Jugendliche der Geburtstag der Stichtag. Das wurde aber geändert. Jetzt ist ein Jugendlicher, der ab 1. Januar das 18. Lebensjahr vollendet, berechtigt, in diesem Jahre entweder noch in der Jugend- oder bereits in der Männerklasse zu starten. Er muss sich allerdings entscheiden, ob er an den Männer-meisterschaften oder an den Meisterschaften der Jugend teilnehmen will. |
Zu 41: Ein „Sieg durch Überlegenheit“ wurde gegeben: |
a) wenn ein Kämpfer einen halben Punkt erreichte, oder wenn er eine Technik zeigte, die einen halben Punkt nahe war |
b) Waren keine entscheidenden Punkte gemäß a) vorhanden, sollte die Haltung der beiden Kämpfer im Kampf, ihr technisches Geschick, Regelübertretungen und andere Umstände im Kampfgeschehen gegeneinander abgewogen werden. Da ab sofort bei Meisterschaften die Kämpfe nicht mehr unentschieden gewertet werden, wird eine noch genauere Bewertung erforderlich. Zu dem ganzen sowie halben Punkt und der Wertung (sie wird gegeben), wenn ein Judoka seinen Gegner in einer Form wirft, die nahezu einen halben Punkt verdient, oder in der Bodentechnik, wenn ein Judoka seinen Gegner mehr als 20 Sekunden erfolgreich gehalten hat, kommt der „Vorteil“ hinzu. Ein Vorteil wird gegeben bei einer Aktion, die nicht ganz einer Wertung entspricht, z.B. Wurf aufs Knie, starkes Aus-der-Balance-Bringen, beim Wurfansatz wurde der Gegner stark gefährdet – ausgehoben -, ohne geworfen zu werden, beim Wurf aufs Gesäß usw. Sind keine Punkte oder Wertungen gegeben, so genügt ein Vorteil, um einen Kämpfer als Sieger zu ermitteln. Jedoch geht Wertung vor Vorteil. Besteht allerdings eine Vielzahl von Vorteilen gegenüber einer Wertung, kann der Judoka mit den Vorteilen als Sieger erklärt werden. |
Zu 42: Folgende Mindestgraduierung wurde neu festgelegt: Jugend: |
a) Bei Bezirksmeisterschaften Besitz des Gelb-Gurtes; |
b) Vorrunde zur Deutschen Einzelmeisterschaft: Nachweis mindestens einer Graduierung innerhalb des letzten Jahres. Männer: |
a) Bezirksmeisterschaften wie Jugend; |
b) Vorrunde zur Deutschen Einzelmeisterschaft 1959; Besitz des Orange-Gurtes; |
c) Endrunde zur Deutschen Einzelmeisterschaft 1959: Besitz des Grün-Gurtes; |
d) Vorrunde zur Deutschen Einzelmeisterschaft 1960: Besitz des Grün-Gurtes; |
e) Endrunde zur Deutschen Einzelmeisterschaft 1960: Besitz des Blau-Gurtes. |
Zu 43: Wir weichen auch von der Kodokan-Regel mit dem Kommando „Sona-mama“ ab. Es wird übrigens in fast allen europäischen Ländern abgelehnt.Dieses Kommando soll angewandt werden, wenn die Kämpfer bei einem Festhaltegriff aus der Kampffläche zu geraten drohen. Die Kämpfer erhalten dann den Befehl, bewegungslos zu verharren. Die Kampfrichter ziehen die Kämpfer, ohne deren gegenseitige Lage zu verändern, zur Mattenmitte, und der Kampf wird dann fortgesetzt. Bei uns wird statt dessen der Griff auch außerhalb der Matte weiter gewertet. Tritt jedoch Verletzungsgefahr ein, hat der Kampfrichter den Griff lösen zu lassen und den Punkt an den Haltenden zu vergeben. Folgende Abweichungen von der internationalen Regel kommen bei Verletzungen (wenn der Kampf abgebrochen werden muss) in Anwendung: |
a) Sind beide Kämpfer schuldlos, ist das Ergebnis nicht unentschieden, sondern der Verletzte ist der Verlierer. |
d) heißt jetzt: Wenn beide Kämpfer den Kampf wegen Verletzung nicht fortsetzen können, lautet das Ergebnis in der Regel“ unentschieden“. |
Es sind in der Zeit seit dem Druck der Wettkampfordnung einige Zusätze hinzugekommen, die auf dem ersten internationalen Kampfrichterlehrgang in Saarbrücken im Februar 1958 beschlossen wurden bzw. schon eingeführt waren. Sie wurden den Kampfrichterobleuten der Bezirke zwecks Weiterleitung übermittelt. Dementsprechend wurden sie auch bei den zentralen Meisterschaften angewandt. |
1. Es waren dieses die Handzeichen zu den Kommandos: |
a) Punkt: Arm fast senkrecht nach oben halten (Handfläche zeigt zum Kopf). |
b) ½ Punkt: Arm waagerecht zur Seite (Handfläche zeigt nach oben). |
c) Festhaltegriff: Mit Beginn des Griffes Arm gestreckt waagerecht nach vorn für wenige Sekunden über die Kämpfer halten (Handfläche zeigt nach unten). |
d) Festhalte aus: Arm wird in der vorher beschriebenen Haltung mehrmals nach links und rechts abwechselnd bewegt. |
e) Unentschieden: Senkrecht nach oben gestreckter Arm wird nach unten geführt. |
f) Urteil: Der Arm wird wie bei Kommando „Punkt“ geführt, nur direkt senkrecht. Erst wenn der Arm oben ist, erfolgt das Kommando. |
2. Geändert wurde das Kommando „Lösen“. An seine Stelle tritt das International gebräuchliche Kommandowort „brake“. |
3. Neu eingeführt wurde das auch international gebräuchliche Kommando beim Ende der Kampfzeit „Stopp“. |
Ich bin jetzt mit meinen Gegenüberstellungen am Ende. Wie zu ersehen ist, gehen wir jetzt bis auf wenige Ausnahmen mit den Kodokan-Regeln konform. Diese Ausnahmen noch zu übernehmen, wäre nicht ratsam, da wir eine andere Mentalität, andere materielle Bedingungen usw. haben. Diese Ausnahmen bzw. Abweichungen bestehen u. a. in der teilweise anderen Begrüßung, dem Sono mama“, den für unsere gesamten Aktiven nicht erforderlichen japanischen Kommandos, der Kleidung der Kampfrichter (international ist die Judokleidung üblich) und der markantesten Abweichung, die Beurteilung bei Verletzungen, wie sie bereits genauer geschildert wurden. Es war aber ein weiter Weg, den wir mit unseren Kampfregeln bedurften, ehe wir die Kodokan-Regel zum Gerippe unserer Wettkampfregeln nahmen. Es war ja auch nicht immer einfach, ohne direkten Erfahrungsaustausch (also nur auf Übersetzungen angewiesen) Fragen der Auslegung richtig zu erkennen. Ich denke da besonders an die Auslegung der Übergänge Stand-Boden, an das Verbot des Ude-Garami und an das Ausheben eines Gegners, damit dieses mit einem Punkt bewertet werden kann. Sehr gern wurde der lange Armhebel, ohne dass ein misslungener Wurf oder eine Wurfaktion des Gegners vorlag, durch herunterziehen in den Bodenkampf begonnen und vollendet. Da keine Wurfaktion vorlag, wurde er verboten. Eine direkte Anfrage an den Leiter des ersten internationalen Kampfrichterlehrgang. Herr I. Abe 7. Dan belehrte uns eines anderen. Wenn er wie geschildert angesetzt und auch direkt vollendet wird, ist dieser Hebel statthaft. Es ist dieses jedoch die einzigste Ausnahme. Lange war bei uns auch verboten, Hebel- und Würgegriffe im Stand anzusetzen. Jetzt ist es erlaubt, diese im Stand anzusetzen und, nachdem dort Wirkung erzielt wurde, diese durch direkten Übergang am Boden zu vollenden. |
Noch ein Wort zu dem ehemaligen Verbot des Ude-garami: Unter verbotene Handlungen heißt es u.a., dass die Hebeltechnik an einem anderen als dem Ellenbogengelenk verboten ist. Da der Schmerz beim Ude-garami im Schultergelenk zu verspüren ist, wurde der Griff irrtümlich verboten. Gemeint ist hier aber der Ansatzpunkt und nicht, wo der Schmerz zu verspüren ist. Zum Ausheben ist folgendes zu sagen: In der Wettkampfordnung heißt es, wer den mit den Rücken auf dem Boden liegenden Gegner bis zur Höhe der eigenen Schultern hochhebt und sich bei Vollendung dieser Technik in aufrechter Stellung befindet usw. Waren obige Bedingungen erfüllt, wurden auch, wenn des Gegners Körper senkrecht war, Punkte vergeben. Gemeint ist aber, wenn die obigen Bedingungen erfüllt sind. Der Kämpfer wäre also in der Lage, seinen Gegner zu werfen. Somit bin ich am Ende meiner Arbeit angelangt. Hoffentlich ist es mir gelungen, dieses Thema interessant zu gestalten. Ferner habe ich versucht zu beweisen, inwieweit die technische Weiterentwicklung die Kampfregeln, aber auch die Kampfregeln im gewissen Sinne die technische Entwicklung beeinflussen können. |
Helmut Bark Vorsitzender der Graduierungskommission des DJV der DDR |
Abschriftlich aus Hefte der Schwerathletik des Jahrganges 1959 von Helmut Bark |
Gruschinski 6. Dan Judo am 18.12.2012 Ende Kapitel 6.3 siehe Kapitel 6.4 |